2.2 Live-CD Projekte
Eine Live-CD ist eine bootfähige CD mit einem Betriebssystem, oft linuxbasierend, die zum
Arbeiten weder eine Festplatte noch eine Partition benötigt. Sie läuft vollständig und direkt
von CD, DVD oder einem USB-Stick; es ist keine Installation nötig. Das Betriebssystem
schreibt sich lediglich in den Arbeitsspeicher und nutzt so eine virtuelle Festplatte. Konfigurationen
können jedoch vorgenommen werden und werden dann auf Diskette oder USB-Stick
gespeichert. Das Programm kann zudem auf Datenträger wie Festplatten, USB-Sticks, Disketten
oder CDs zugreifen. Möglich macht das unter Linux die ausgereifte Hardwareerkennung
Kudzu17.
Zudem ist ihr Einsatz völlig unabhängig von bereits installierter Software auf dem
PC. Eine aufwändige und mitunter zeitintensive Installation ist nicht erforderlich. Sie bieten
normalerweise ein Gesamtpaket an Anwendungssoftware, die so unverbindlich mit dem Betriebssystem
getestet werden können, oder auch eine bestimmte Aufgabe wie z.B. Virenscannen
erfüllen. Sie können somit überall zum Einsatz kommen und werden so zum ''individuellen
Unterwegs-Büro''18.
In dieser Diplomarbeit ist eine Live-CD wie folgt definiert:
Definition einer Live-CD19 |
Eine Live-CD ist ein bootbares Betriebssystem, oft mit Desktopumgebung, auf CD oder
einem anderen bootbaren Medium, welches zum Arbeiten keine Festplatte oder ähnliches
sowie kein anderes installiertes Betriebssystem benötigt, sondern temporär den RAM belegt
und sich selbst verwaltet. Eine solche CD bietet eine Sammlung an Anwendungssoftware
nach einem bestimmten Fokus. Sie ist keine reine Boot- oder Hilfsprogramm-CD.
|
Tabelle 1: Definition einer Live-CD
Die CDs bieten so eine große Zahl an Einsatzszenarien, die hier zusammengefasst sind:20
Einsatzmöglichkeiten von Live-CDs |
- Anwendungsoberfläche
- Gefahrlose Internetnutzung
- Bildungs- und Schulungszwecke
- Sicherheitsprogramme für Netzwerke
- Unterhaltungszwecke: Spiele, Film, Musik
- Fremd- und mehrsprachige Distributionen
- Regionale Inhalte
- Schwerpunkt-CDs mit Softwaresammlungen zu bestimmten Themen wie z.B. Medizin,
Juristik, Biologie
- Diagnose-CDs für Hardwaretests
- Einsatz als Firewall und / oder Server
- Wartungs-CDs
- Rescue- und Recovery-CDs bei Virenbefall oder Systemausfällen
- Werbezwecke
- Gefahrlose Test- und Demonstrationsversionen für verschiedene Betriebssysteme und
Anwendungssoftware
- Komplettinstallationen von vollständig konfigurierten Linux-Systemen
- Oder auch einfach zum Testen von anderen Betriebssystemen
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Tabelle 2: Einsatzmöglichkeiten von Live-CDs
Da die Software selbst auf der CD nicht veränderbar ist, sind Live-CDs sicher in der Anwendung.21
Allerdings benötigen die CDs oft mehr Geduld. Denn ein System, welches immer
wieder erneut booten, Hardwareerkennung und Konfiguration durchführen muss, braucht für
den Start und die Ausführung der Programme länger und erreicht einen konstanten Geräuschpegel.
Zudem verfallen mit jeder Sitzung alle Systemeinstellungen und Daten, wenn nicht
selbst an die Rücksicherung per USB-Stick, Festplatte oder CD gedacht wird.
Auch ist bei Linux Live-CDs ein schreibender Zugriff auf Windows-Partitionen mit NTFS
nicht möglich. 22
Eine Zusammenfassung der Vor- und Nachteile von Live-CDs sei hier dargestellt23:
Bewertung einer Live-CD24 |
Vorteile |
Nachteile |
- Gefahrloser, schneller Einblick in Linux
- Laufendes Betriebssystem ohne Installationshürden
- Festplatten etc. spielen keine Rolle
- Ausgeklügelte Komprimierungsstrategien ermöglichen
eine enorme Zahl möglicher Programme
- Zahlreiche Einsatzmöglichkeiten, gerade im Bereich
Trouble-Shooting (Viren, Sicherheit, Abstürze etc.)
- Kostenlose Verfügbarkeit
- Aufgrund der Vielzahl an Distributionen kann für jedes
System, auch sehr alte Rechner, ein passendes Betriebssystem
gewählt werden
- Live-CDs können den eigenen Ansprüchen angepasst
und auch an die Community weitergegeben werden
- Die CD ist portabel und kann flexibel eingesetzt werden
- Die automatische Hardwarekennung ermöglicht die
Nutzung von Komponenten ohne zusätzliche Treiberinstallation
- Bereits installierte Betriebssysteme und Daten werden
nicht berührt
- Alle Medien, die BIOS als bootbar interpretiert, können
für ein Live-System verwendet werden
- Gestattet eine einfache Installation
- Risikolose Internetnutzung ohne Virengefahr
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- Eingewöhnungszeit
- Die Dauer des Systemstarts
erfordert Geduld
- Das Arbeiten gestaltet sich
relativ ''zäh''
- Das Speichern von Daten und
Einstellungen und deren Einspielung
muss bei einem erneuten
Start eingeplant werden
- Leise Laufwerke sind von
Vorteil, da die Arbeit mit dem
CD-Laufwerk oftmals einen
konstanten Geräuschpegel erreicht
- Schwierige Installation neuer
Programme für unerfahrene Nutzer
|
Live-CDs gibt es für viele Betriebssysteme; auch für Exoten wie BeOS, ReactOS oder
AFROS werden solche CDs entwickelt. Eine kurze Übersicht mit weiterführenden Links gibt
es unter [Wiki 2005] Live-CD.25
In den folgenden Unterkapiteln seien Live-CD Projekte der beiden am weitesten in Deutschland
verbreiteten und für diese Diplomarbeit relevanten Betriebssysteme vorgestellt.
- 17: Vgl. [Hatt 2005] S. 15
- 18: Vgl. [Hatt 2005] S. 20
- 19: Vgl. [Wiki 2005] Live-CD und [Hatt 2005] S. 13 ff
- 20: Vgl. für diese Tabelle [Live 2005] Startseite. Diese Liste erhebt nicht den Anspruch, vollständig zu sein.
- 21: Vgl. [Wiki2005] Live-CD
- 22: Vgl. [Kofl 2003] S. 1258
- 23: Alle genannten Punkte konnten im Rahmen dieser Diplomarbeit bestätigt werden.
- 24: Vgl. [Hatt 2005] S. 13 ff
- 25: Mehr Informationen zum Thema gibt es unter [Live 2005] Startseite, den Foren und dem entsprechenden
Wiki.